Samstag, 20. Juni 2009

Mein Standpunkt

Weiter so - das hilft nicht weiter!
Virtuelle Krise - Spekulation mit Werten, die nur im PC, im Internet, also in der virtuellen Welt existieren. Reale Krise - die Handelnden wollen immer mehr von allem und sind beherrscht von einer Wachstumsideologie ("Wohlstand für alle"). In beiden Fällen hat sich der entfesselte Markt selbst zerstört.
Was ist zu tun? Welcher Weg führt aus der Krise? Genau weiß es keiner. Vorstellungen haben manche. Die Politiker müssen mit dem Handwerkszeug reagieren, das ihnen zur Verfügung steht. Viele Ratschläge und Hinweise müssen sie von denen anhören und vielfach auch annehmen, die selbst Beteiligte an dieser Entwicklung waren. Einige von ihnen sagen das selbst. Sie wissen, weshalb die Dinge liefen, wie sie liefen. Jetzt wissen sie, was falsch war und wollen nun alles richtig machen. Frau Merkel hat erkannt, der entfesselte Markt braucht Fesseln, die ihm Grenzen setzen. Der Markt muß allen Menschen dienen. Sie nennt das "soziale Marktwirtschaft“. Hätten alle Staaten , alle entwickelten Industriestaaten diese Grundsätze beachtet, es wäre nicht zur Krise gekommen. - Soweit die Politik. Vermutlich ist das das einzige Konzept, das zur Zeit trägt. Aber in Zukunft kommt auch dies an seine Grenzen. Der demographische Wandel führt dazu, daß immer weniger Berufstätige immer mehr Nicht-Berufstätige versorgen und pflegen müssen. Die Gesundheitsministerin Frau Ulla Schmidt kann ein Lied davon singen. Die Verschmutzung unserer Umwelt bedroht den Weltraum, von den "schamhaft" vergrabenen Dauerlasten, wie atomarer Müll oder CO 2- Abfall ganz zu schweigen. Das sind nur zwei Beispiele für viele ähnliche.

Mein Standpunkt:
Die zentrale Frage der Zukunft zielt auf die Fähigkeit des Menschen mit sich, mit seinen Mitmenschen und mit seiner Umwelt so umzugehen, daß er überlebt.
Auf den ersten Blick ist das eine absurde Vorstellung! Zur Zeit besitzt wohl kaum ein Mensch diese Fähigkeit - das heißt, einzelne mag es geben. Das aber sind Einzelgänger, Phantasten. Die werden nicht für voll genommen.
Auf den zweiten Blick scheint die Vorstellung nicht mehr ganz so unsinnig Hier läge ein gesellschaftliches Ziel vor, das alle Gesellschaften der Erde und jeder einzelne Mensch - im konkreten Fall vermutlich im Blick auf die anderen nur schweren Herzens - akzeptieren würde. Dann kommt es auf das Wie an. Wie will, wie kann man überleben? Aber das Entscheidende ist, daß wir den Maßstab wechseln. Es geht nicht um immer mehr, es geht um überhaupt existieren - und das für alle auf dieser Welt. Es gibt inzwischen auch Politiker, die vom qualitativen Wachstum sprechen. Jeder soll seine Lebensqualität haben. Das ist ein Endziel. Bis dahin ist ein weiter Weg. In demokratischen Gesellschaften kann man nur Ziele erreichen, die von der Mehrheit der Menschen verstanden und so gewollt sind.
Die "Überlebensgesellschaft" als gesellschaftliches und politisches Ziel kann nur Aussicht auf Verwirklichung haben, wenn ein langer Weg der Bewußtseinsveränderung zurückgelegt wird. Dazu braucht es Mut. Aber wenn nicht jetzt, wann dann? Hier liegt die Chance für Wissenschaft, Forschung und Lehre heute. Und dann hätten die Pädagogen nicht mehr nur die gesellschaftlichen Sünden an ihren Schützlingen zu heilen - so gut es eben geht -, sie hätten nun auch noch die Grundlagen für eine dauerhaft wirkende Zukunft unseren Kindern und Kindeskindern zu vermitteln. Sollte da nicht Zukunftshoffnung aufkommen - in einer Zeit der Depression, Ausweglosigkeit und Hoffnungslosigkeit auf so vielen Gebieten und in so vielen Lebensläufen?
Mein Standpunkt - zumindest sollte man darüber nachdenken, vielleicht kann der eine oder andere auch in diesem Sinne handeln.

Beitrag zum Leserforum des Kölner Stadt-Anzeigers Juni 2009

Montag, 18. Mai 2009

Das Grundgesetz

An DIE ZEIT Leserbriefredaktion Pressehaus, Buceriusstraße 20095 Hamburg

Horst Dreier "60 Jahre und kein bißchen heilig" in Die ZEIT 20 vom 07.05.2009

Zunächst meine Zustimmung:
Das Grundgesetz ist keine Bibel, das politische Leben kein Gottesdienst, der Verfassungsexeget keine Hohepriester! Es wäre ja eine Profanisierung des Göttlichen, wollte man das Grundgesetz in den Rang einer göttlichen Offenbarung erheben. Das kann kein Gläubiger zulassen - und diejenigen, die keinen Zugang zu einer Glaubenshaltung haben, noch weniger.

Das Grundgesetz ist von Menschen für Menschen geschaffen worden mit dem Ziel, ihrem Zusammenleben eine bestimmte Ordnung zu geben. Es ist eine ganz irdische und sehr menschliche Einrichtung.
Nach seinen eigenen Worten ist es "in Verantwortung vor Gott und den Menschen" geschaffen worden. Es sind die Menschen, die diese Verantwortung erkennen und tragen wollen, nicht das Grundgesetz. Hinter dem Grundgesetz steht die umfassende Lebenswirklichkeit und schmerzvolle Erfahrung mehrerer Generationen mit dem Umgang mit ihrem Staat und mit den Menschen ihrer Umgebung. Die Verfasser des Grundgesetzes haben bewußt all diese Erfahrungen in die Beratungen eingebracht - das Grundgesetz ist das Fazit einer langen Leidenszeit mit vielfachen Verstrickungen. Deshalb ist das Grundgesetz keineswegs nur ein technisches Juristenwerk, nützlich und praktikabel - das ist es auch - aber zuvor ist es eine aufregende Sache deshalb, weil hier eine Verfassung nicht nur in Abgrenzung zur Obrigkeit oder zur Abwehr gegen Gefährdungen des Staates von außen entstanden ist, sondern auch in der weisen Erkenntnis der eigenen Verführbarkeit. Ich kenne keine andere Verfassung, die in dieser Weise aus eigenen Verfehlungen der Vergangenheit derart umfassende Konsequenzen gezogen hätte. Darin ist das Grundgesetz in seiner Art einmalig und wohl auch für manche Verfassungen nach ihm zum Vorbild geworden.
Sie sehen die Gefahr der Sakralisierung der Verfassung, namentlich des Satzes von der Menschenwürde. Das Bundesverfassungsgericht hat gerade diesen Satz als "obersten Wert" des Grundgesetzes bezeichnet. Als ganz irdischer, weltlicher und profaner Grundsatz müßte er doch gelten in einer Welt die offensichtlich diesen Grundsatz immer wieder vergißt.
Was Kant angeht, halte ich mich an seinen "Beschluß" zur Kritik der praktischen Vernunft. Da spricht er von dem "gestirnten Himmel über mir, und dem moralischen Gesetz in mir". Er sagt dann: "... ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewußtsein meiner Existenz." Aber das gilt nicht für das Gesetz, sondern für die Menschen, die mit ihm umgehen oder von seinen Bestimmungen betroffen sind.
Ich sehe eine ganz andere "Gefahr" für das 60jährige Grundgesetz. Der ehrwürdige Bau, das altbewährte Kunstwerk ist zunehmend in Gefahr zum Steinbruch zu werden. Die schnelllebige Zeit unserer Tage verführt dazu, unbequeme Teile herauszubrechen und durch neue, angeblich aktuellere zu ersetzen. Die Verhandlungen über die Neuordnung der Finanzverfassung - Art. 1098 ff GG - sind mir ein Beispiel dafür. Am Ende gab es eine intensive Auseinandersetzung mit einer mühselig ausgehandelten Lösung, die eher das Ergebnis eines Machtschachers erschien als der Ansatz zu einer zukunftsfähigen Neukonstruktion.
Dabei war das Grundgesetz nie sakrosankt, wie Sie es andeuten. Von 1949 bis 2000 ist das Grundgesetz 48 Mal geändert worden - und seither noch viele Male mehr.
Mich beschäftigt die Frage, ob nicht interessierte Kreise eine Änderung des Grundgesetzes durchsetzen, ehe die Voraussetzungen dafür gegeben sind:
1. Es muß ein überzeugendes Fundament für eine neue Ordnung geben.
Dafür sehe ich zur Zeit keinen Ansatz. Die Vielfalt der Meinungen ist heute kaum zu übertreffen. Vielleicht klärt sich die Lage nach Überwindung der virtuellen und der realen Krise.
2. Es muß Aussicht dafür geben, daß die Verantwortlichen auf die Proportionen einer neuen Ordnung des Grundgesetzes einigen können. Ohne eine grundsätzliche Bereitschaft dazu ist jeder Ansatz verfehlt.
3. Ein Ausblick auf die Zukunft mit der Verbindung zu einer deutlich erkannten Verantwortung für die künftige Entwicklung muß vorliegen, ehe man an eine Neuordnung gehen kann. Diese Verantwortung müßte definiert werden.
4. Schließlich müssen Menschen da sein, die sich der Verantwortung für das Ganze bewusst sind und diese allen Einzelinteressen vorziehen.
Diese vier Voraussetzungen liegen zur Zeit nicht vor. Deshalb hoffe ich, daß es nicht zu einer Neuordnung des Grundgesetzes kommt.
Ich halte es in dieser Frage mit Frau Gesine Schwan, die zum Grundgesetz sagte, sie sehe nicht, daß wir jetzt eine Verfassungsdiskussion anfangen können. Es gehe nicht um die Qualität des Grundgesetzes, sondern darum, ob die Ostdeutschen an der Abstimmung über das Grundgesetz beteiligt werden. Doch das ist eine Frage "von vor zwanzig Jahren".
In diesem Sinne danke ich Ihnen, Herr Dreier, für Ihren Beitrag. Haben Sie mir doch auf diese Weise Gelegenheit gegeben, ein Plädoyer für das bestehende Grundgesetz zu halten und es etwas differenzierter zu betrachten als Sie.

Dienstag, 12. Mai 2009

An den Kölner Stadtanzeiger

19.4.200ß

Bezug:
Nr. 188 v. 13.08.2008 "Atommüll soll Millionen Jahre sicher sein" (dpa/rtr)
Nr. 78 v. 02.04.2009 "Für kleinere Atom-arsenale. USA und Rußland wollen abrüsten" (rtr)
Nr. 88 v. 16.04.2009 "Speicherung von Kohlendioxid große Chance"(dpa)
Nr. 88 v. 16.04.2009 "Im Atommüllager Asse lagert auch Arsen"
Nr. 89 v. 17.04.2009 "KVB muß Aufsicht abgeben" von Peter Berger
"Lehren ziehen" von Peter Berger - Kommentar -
Nr. 88 v. 16.04.2009 "Schwan gegen Debatte" (dpa)


Atom gegen Kohle - so scheint die Alternative zu lauten, wenn man die Nachricht "Speicherung von Kohlendioxid große Chance" liest. Seit Beginn der Diskussion über die Nutzung der Kernenergie stört mich, daß die Halbwertzeit der Elements Plutonium (Pu) mit maximal 82 Mio Jahren und Uranium (U) mit maximal 4,5 Mio Jahren in der öffentlichen Diskussion keine Rolle gespielt hat. Erst im vergangenen Jahr ist im Zusammenhang mit der Endlagerung von Atommüll vom Umweltministerium in Berlin die Zahl 1 Mio Jahre aufgetaucht, die den Schluß zuläßt, daß erst jetzt die wahre Dimension annähernd realistisch zur Kenntnis genommen wird. Ob die jüngsten Berichte über den Zustand des Zwischenlagers Asse zu diesen Erkenntnissen beigetragen oder sie gestärkt hat, weiß ich nicht, hoffe aber darauf. Ob die Einigung von USA und Rußland, ihre Atomarsenale abzubauen, auf die Einsicht gründet, Dauerschäden für die Umwelt zu verringern oder die Friedensaussichten in der Welt zu stärken, bleibt wohl offen. Ich hoffe, daß beide Gründe zusammenkommen.
Und nun kommt die "große Chance" ein weiteres Umweltgift "unschädlich" zu machen: "Speicherung von Kohlendioxid". Soweit mir bekannt ist, sollen Möglichkeiten genutzt werden, Kohlendioxid (CO2) über Pipelines an geeignete Speicherungsorte zu führen und dann dort möglichst umweltunschädlich auf Jahrzehnte hinaus zu lagern, zu verschließen. Aktueller Anlaß ist die Kohleverstromung in Nordrhein-Westfalen. Die SPD fordert zur Sicherung die verstärkte Förderung der Forschung und praktischen Umsetzung der Kohlendioxid-Speicherung zur Förderung des Industriestandorts NRW. Der Vorwurf der SPD gegenüber Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), er setze sich in Berlin dagegen verstärkt für die Verlängerung der Laufzeit für Atomkraftwerke ein.
Mit 73 Jahren habe ich, widerstrebend zwar, aber schließlich doch, im Grundsatz gelernt, daß die Menschheit nicht aus der Geschichte und aus ihren eigenen Fehlern lernt. Ausnahmen scheinen die Regel zu bestätigen.
Einerseits bricht sich die Erkenntnis Bahn, daß die Umweltgefahren, die vom Atommüll ausgehen, nicht nach Generationen oder etwa Jahrhunderten, zu bemessen sind, sondern nach Millionen von Jahren. Diese Dimension übersteigt das Vorstellungsvermögen eines Normalbürgers bei weitem. Die Verantwortung, die mit zukunftsträchtigen Entscheidungen auf diesem Gebiet verbunden sind, kann man heute kaum ermessen. – Und nun findet man ein neues recht zweifelhaftes Verfahren der Energiesicherung. Die Speicherung von Kohlendioxid soll umweltsicher sein.
Aber Speicherung bedeutet nicht Beseitigung. Sie verschiebt das Problem nur für relativ kurze Zeit. Allenfalls für eine Generation.
In welcher Welt leben wir? In welche Welt entlassen wir unsere Kinder und Kindeskinder?
Das ist Weltpolitik, es geht um die Existenz der Welt, in der wir leben.
Nun aber zu einem ganz "kleinen" Problem vor unserer Haustüre: Die Bauaufsicht in Nordrhein-Westfalen. Der Kölner Stadt-Anzeiger teilt mit: "KVB muß Aufsicht abgeben". Die Bezirksregierung in Düsseldorf habe so entschieden. Allmählich erkenne ich die verhängnisvolle Wirkung eines an sich lobenswerten politischen Zieles: Bürokratieabbau. Ich weiß, daß es hoheitliche Aufgaben der Bauaufsicht gibt, die man in früheren Zeiten "Baupolizei" genannt hat. Es gibt natürlich auch die Bauaufsicht, die jeder Architekt für seinen Auftraggeber übernimmt, die jedes Unternehmen über die ordnungsgerechte Ausführung seiner Projekte übernimmt, um dem Auftraggeber gegenüber für die Qualität der Ausführung seiner Arbeit haften zu können. Natürlich haben sich im Laufe der Jahre Fehlentwicklungen gezeigt. Diese sollten beseitigt werden. Ich kann mich an ein Beispiel erinnern. So sollten kleinere bauliche Maßnahmen bei der hoheitlichen Bauaufsicht nur „angezeigt" werden. Diese Bauaufsicht war in der Regel bei den Landkreisen und kreisfreien Städten angesiedelt, und zwar nicht bei einem ausführenden Amt etwa der Bauverwaltung oder Bauunterhaltung, sondern beim Planungsamt - u.U. auch beim Rechtsamt. Natürlich hatten diese Ämter keine Fachleute für die einzelnen Spezialfragen. Dafür wurden Fachleute eingekauft. Aber sie konnten nur Fachurteile zu ihrem besonderen Fachgebiet abgeben. Es gab also Ortsbesichtigungen der hoheitlichen kommunalen Bauaufsicht und der verschiedenen Fachleute. Die Bauaufsicht, die von den Kommunen als Aufgabe nach Weisung im staatlichen Auftrag wahrgenommen wurde, entschied dann nach Würdigung aller Fachgutachten in eigener Verantwortung. In Einzelfällen war das auch einmal der Regierungspräsident oder das Innen- bzw. Bauministerium. Im Rahmen der jüngsten Maßnahmen zum Bürokratieabbau sind offensichtlich den Kommunen die hoheitlichen Aufgaben der Bauaufsicht gänzlich entzogen worden. Damit haben sie selbst auch weniger Übersicht über das bauliche Geschehen in ihrem Gebiet. Die Einhaltung der Bauleitpläne einschließlich der Vorgaben der Bebauungspläne scheint vollständig auf die Regierungspräsidenten übergegangen zu sein. Wie wir dem Kölner Stadt-Anzeiger entnehmen, gibt es neben dieser grundsätzlichen Regelung auch noch eine Schwerpunktbildung bei einzelnen Bezirksregierungen, wie z.B. für alle Neubauten von Stadtbahn-Anlagen in Nordrhein-Westfalen als technische Aufsichtsbehörde beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf.
Für Außenstehende ist das alles schwer nachzuvollziehen. Da, wo es um Ortskenntnis geht und um die Beobachtung des Geschehens vor Ort, da werden neue Zuständigkeiten möglichst weit weg gebildet. Es ist kein Wunder, daß die überforderte Behörde nun ihre Aufgabe wieder zurück an die örtliche Behörde gibt. Aber nun folgt der nächste Fehler: Es wird der ausführenden Firma auch die hoheitliche Aufgabe der Bauaufsicht übertragen. Damit ist eindeutig jede Zuständigkeit und Verantwortlichkeit aufgehoben. Und das alles geschah anscheinend mit Zustimmung des Bau- und Verkehrsministers des Bundes. Zunächst sah es für mich so aus, als hätten die örtlich Verantwortlichen sich durch vertragliche Regelungen jeder Verantwortlichkeit entziehen wollen. Jetzt erkenne ich, es ist staatlich gewolltes und bewußtes Handeln. Da kommen mir ernsthafte Bedenken!
Wenn unsere Politiker in Fragen des Überlebens der Menschheit so wenig lernen, wie im Falle des Atommülls und der CO2-Speicherung und wiederholt Erfahrungen missachten, sich überholten Scheinlösungen öffnen, andererseits gewachsene sachgerechte Zuständikeiten aufheben und einen völlig überflüssigen Zuständigkeitswirrwarr anrichten, dann ist mir völlig klar, diesen Menschen darf man das Grundgesetz nicht zur freien Neugestaltung überlassen.
Insofern stimme ich Frau Schwan zu. Sie meinte, sie sehe nicht, daß wir jetzt eine Verfassungsdiskussion anfangen könnten. Es gehe im übrigen nicht um die Qualität der Verfassung sondern allenfalls um die Abstimmung der Ostdeutschen über das Grundgesetz. Aber das sei eine Frage von vor zwanzig Jahren.
Vom Alter her kenne ich die Zeit vor dem Grundgesetz und die Zeit mit ihm. Als Kommunalbeamter habe ich auch einiges über das Zustandekommen des Grundgesetzes erfahren und von den Personen, die daran mitgewirkt haben.

Ich kann nicht erkennen, daß die derzeitige Politikergeneration auch nur annähernd den Überblick und das Verantwortungsbewußtsein hat, wie es die Generationen derer bewiesen haben, die die Weimarer Zeit, die Zeit des nationalsozialistischen Regimes und die Zeit danach erlebt haben und das Grundgesetz mit dem Blick auf die Vereinigung Deutschlands und Europas erarbeitet haben. Die Verfassungskommissionen der vergangenen Jahre haben nach außen eher den Eindruck eines Interessens-Schacherns
vermittelt als den einer sachgerechten Erörterung von langfristig tragfähigen Lösungen mit klaren Zuständigkeiten. Die jüngsten Äußerungen der Parteien lassen für die Zukunft auch nichts Besseres erwarten. Die Wahlkampfaussagen scheinen wieder eher Interessen befriedigen zu wollen als einer tragfähigen Konzeption für die Zukunft zu dienen.
Man möchte mit Goethes Zauberlehrling rufen:
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister,
werd ich nun nicht los.
Den Meister gibt es hier nun nicht. Wir alle sind fehlerhafte Wesen. Das gilt auch für Barack Hussein Obama, den Hoffnungsträger in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Mit Blick auf ihn und mit der Erfahrung, daß Zeichen der Hoffnung immer auch - wenn auch sehr viel anders als erwartet - Erfüllung gebracht haben, schließe ich mit Schillers Worten zur Hoffnung:
Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
Sie umflattert den fröhlichen Knaben,
Den Jüngling begeistert ihr Zauberschein,
Sie wird mit dem Greis nicht begraben,
Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
Noch am Grabe pflanzt er - die Hoffnung auf.

In diesem Sinne weiterhin tätig zu sein und dazu beizutragen, daß diese Hoffnung nicht mit uns begraben wird, ist der Sinn dieses Briefes. Ich hoffe weiter auf Veränderung!